‘Wo waren Sie denn?’
‘Hier im Westen. Mit dem Brand des Parlaments habe ich nichts zu tun.’
‘Wieso wissen Sie von dem Brand? Sie haben unseren Besuch wohl erwartet?’
Ihnen scheint klar, daß sie in meiner Person den Brandstifter gefaßt haben. Sie ahnten nicht, was wir alle schon heute nacht vermutet hatten: daß zur gleichen Stunde von hundert anderen Beamten hundert andere Linksradikale abgeholt wurden.
Ich sagte ihnen zwar, daß ich mitnichten der Brandstifter sei, aber sie antworteten, das sei egal, sie hätten nur den Auftrag, mich aufs Polizeipräsidium zu bringen. Außerdem müßten sie eine Haussuchung vornehmen.
Nur eines meiner Bücher fiel ihnen auf. “Tijdopnamen” hieß es.
‘Was ist das für eine Sprache?’
‘Holländisch,’ erwidere ich.
‘So, holländisch! Haben sie viele Beziehungen zu Holland?’
‘Nicht bezonders viele, warum?’
‘Was ist das für ein Buch?’
‘Es ist von mir. Der Übersetzer hat es mir vor ein paar Tagen gegeben.’
‘Wissen Sie wie er heißt?’
‘Ich kann mich nicht erinnern. Er stellte sich im Café vor.’
Auf die Idee, im Buch nachzusehen, wie der Übersetzer heißt, kommen die beiden Herren nicht.
[Egon Erwin Kisch, ‘In den Kasematten von Spandau’, uit: Aus dem Café Größenwahn, p.129.]